Das ist ein Stück zuhause

Advent und Weihnachten im Pflegehaus Nouvelle: „Das ist ein Stück Zuhause“

Besuche von Kindergartengruppen, Adventskonzerte und viele Begegnungen prägten vor einem Jahr die Adventszeit im Pflegehaus Nouvelle. Doch wegen der Infektionsgefahr fällt dieses „Programm“ in diesem Jahr weitgehend aus. Nicht abgesagt ist dagegen die (vor-)weihnachtliche Atmosphäre im Haus. Wie stimmen sich Mitarbeitende und Bewohner in diesem besonderen Jahr gemeinsam auf das Fest ein?

Monika Laurent, Fachaufsicht für Hauswirtschaft, dekoriert das Haus immer passend zur Saison. Für Advent und Weihnachten ist der Raumschmuck diesmal hauptsächlich weiß und rot, aber es kommen viele natürliche Elemente zum Einsatz: Gestecke aus Tannenzweigen und duftender Thuja, selbstgebundene Kränze und Holzstämme, auf denen Gläser mit Zapfen und Sternen stehen. Dabei versucht die Hauswirtschaftskraft immer, den Geschmack der Seniorinnen und Senioren zu treffen: „Zu modern darf es nicht sein. Für unsere Bewohner muss ein Adventskranz rund sein, sonst ist es keiner.“ Wichtig für die Stimmung ist nicht nur die Optik, sondern auch der weihnachtliche Duft: Gewürzaromen von Zimt und Nelken mischen sich im Haus mit dem frischen Geruch von Thujazweigen, dazu kommt immer wieder das verlockende Aroma frisch gebackener Plätzchen. Monika Laurent erzählt: „Eine Bewohnerin sagte mir neulich, wie heimelig es für sie ist, wenn dieser Geruch durchs Haus zieht.“

Auch für die Ohren und die Seele gibt es passende „Nahrung“: Adventliche Musik erklingt und es werden Weihnachtsgeschichten vorgelesen. Dazu kommen regelmäßige Gottesdienste – im Advent und natürlich auch an Weihnachten: Im Pflegehaus werden am 23. und 24. Dezember zwei Gottesdienste gefeiert – je einer für jede Wohnebene. Christiane Drape-Müller, die ehemalige Pastorin der Martin-Bucer-Gemeinde, wird sie halten. Musikalisch unterstützt wird sie dabei vom Breisacher Ehepaar Probst.

Für Wohlgefühl bei den Bewohnern sorgt aber noch etwas Anderes: Im Nouvelle tragen die Bewohnerinnen und Bewohner auch selbst dazu bei, das Haus weihnachtlich zu schmücken und Leckereien zuzubereiten. Da werden in den Wohnbereichen gemeinsam Adventskalender gebastelt, Kränze gebunden, Brödle und Linzertorten gebacken. „Es sind einige eifrige Bäckerinnen dabei. Sie bestimmen mit, was gebacken wird, denn jede hat ihre besondere Sorte und ihr Rezept. Neulich habe ich gehört, wie sich zwei Bewohnerinnen darüber austauschten, ob die Linzertorte mit Hasel- oder Walnüssen besser schmeckt“, erzählt Monika Laurent. Wer kein großer Bäcker ist, kann trotzdem mitwirken, etwa das Blech einfetten oder Eigelb auf die Plätzchen pinseln. „Am Ende haben alle das gute Gefühl: Da war ich dabei. Ich werde einbezogen, auch wenn ich nicht mehr so gut kann.“ Stolz sind die Bewohner auch, wenn etwas Selbstgebasteltes aufgehängt wird. „Viele erinnert es an früher, an daheim, wenn sie selbst etwas beitragen können. Das ist ein Stück Zuhause.“

Das große Ziel der Mitarbeitenden ist, „dass sich die Bewohner hier zuhause fühlen. Deswegen sollen sie auch bei der Dekoration spüren: Da hat sich jemand Gedanken gemacht.“ Bei den Seniorinnen und Senioren kommt das offenbar gut an. Vor kurzem sprach eine Bewohnerin Monika Laurent an und sagte zu ihr: „Sie sind schuld, dass ich hier bin!“ Sie hatte sich mit ihrem Sohne mehrere Pflegeheime angeschaut. Als sie das Pflegehaus Nouvelle betrat und die liebevolle Deko sah, sagte sie zu ihrem Sohn: „Hier bleibe ich!“

Trotz allem sind in dieser Corona-Zeit auch Einschränkungen nötig, gerade mit Blick auf die Feiertage. „Natürlich ermöglichen wir Besuche, solange es keine anderweitigen Vorgaben hierzu gibt“, erklärt Hausleiterin Alexandra Friedrich. Besuche sind zu festen Zeiten in den Zimmern der Bewohner erlaubt. Statt einer gemeinsamen Weihnachtsfeier für alle wird es dieses Jahr auf jedem Wohnbereich eine eigene Feier geben. „Leider können die Angehörigen nicht – wie sonst üblich – daran teilnehmen“, so Friedrich. Besuche zuhause bei den Familien sind erlaubt, stellen jedoch bei der Rückkehr ins Pflegehaus ein großes Risiko für die anderen Bewohnerinnen und Bewohner dar. „Wir hoffen auf Einsicht und auf eine verantwortungsvolle Umsetzung der Hygiene-Vorgaben, auch wenn es schwerfallen sollte.“ Besuche über Nacht bedingen nach der Rückkehr ins Pflegehaus zunächst eine Quarantäne – „so lange, bis mit den entsprechenden zeitlichen Abständen zweimalig negativ auf Corona getestet wurde“, so Alexandra Friedrich.

Das ist für Bewohnerin Ingeborg Braese keine Option. Sie freut sich an Weihnachten sonst immer darauf, dass die ganze Familie beisammen ist. „Diesmal wird die Familie auseinandergerissen. Das gemeinsame Feiern wird mir fehlen.“ Sie wird an den Feiertagen im Pflegehaus bleiben und Besuch von ihrer Tochter bekommen. Bis dahin beteiligt sie sich an den Aktivitäten im Haus und genießt besondere Momente: „Der Nikolaustag war sehr schön, mit der Geschichte von Heiligen Nikolaus und den Geschenken.“

Bewohnerin Maria Zwigard war früher in dieser Zeit des Jahres mit viel Liebe für ihre Gäste da – sie führte eine eigene Gastronomie. „Jetzt leiden alle Menschen unter der Corona-Krise. Man denkt, man ist in einer anderen Welt. Für mich selbst ist es aber nicht so schlimm, ich fühle mich hier gut aufgehoben.“
Für die Angehörigen sind die Corona-Vorgaben eine Herausforderung. Anna König (Name geändert) besucht ihre Mutter mindestens fünfmal pro Woche im Pflegehaus Nouvelle, wo diese schon seit Juni 2019 wohnt. Auch an Weihnachten wird sie zusammen mit ihrem Mann bei ihrer Mutter sein. „Letztes Jahr war meine Mutter an den Feiertagen noch bei uns zuhause. Aber das geht jetzt nicht mehr – nicht nur wegen Corona, sie kommt auch die Treppe nicht mehr rauf.“ Das Zimmer ihrer Mutter im Pflegehaus hat Anna König geschmückt, unter anderem mit einem schönen Adventskalender. An den vorweihnachtlichen Aktivitäten im Haus nehme die Seniorin aus gesundheitlichen Gründen nur wenig teil, aber das Singen mache ihr sehr viel Freude. „Alle staunen, dass sie noch die ganzen Texte auswendig kann.“

Bewohnerin Helga Landerer freut sich über die etwas ruhigere Stimmung im Pflegehaus: „Der Trubel im Advent und an Weihnachten war mir immer zu viel.“ Sie bastelt gerne – zuletzt Sterne und Tannenbäume aus Papier, aus denen die Bewohner einen Wald gestaltet haben. Auch beim Backen war sie dabei. „Ich helfe immer gerne mit.“ An Weihnachten kommt vielleicht ihr Bruder zu Besuch, „ansonsten lasse ich mich überraschen“.
Keine Überraschung, sondern eine schmackhafte alte Tradition bietet der Speiseplan am Heiligabend: Es gibt die typisch badischen Schäufele mit Kartoffelsalat.

Foto: Bald wird wieder Plätzchenduft durchs Haus ziehen: Hannelore Winter (links) und Galina Legler beim Ausstechen.